Immer wieder erscheinen skeptische Artikel zur Einnahme von Omega-3-Fettsäuren. Vor kurzem veröffentlichte Stiftung Warentest einen Bericht zu Omega-3-Fettsäuren, der den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln mit diesen Nährstoffen stark anzweifelt. Was ist dran an der Kritik? Sind Omega-3-Fettsäuren schädlich?
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Welche Zweifel gibt es an Omega-3 als sinnvoller Nahrungsergänzung?
Kritische Stimmen raten von Fischölkapseln ab, weil sie darin Verunreinigungen vermuten. Diese Annahme erklärt sich daraus, dass es besonders bei Raubfischen zu einer Anreicherung von Schwermetallen kommen kann, die der Mensch beim Verzehr aufnimmt.
Obwohl es mittlerweile unzählige Studien zu Omega-3 Fettsäuren gibt, sind manche Kritiker der Meinung, die Auswirkung dieser Fettsäuren auf das Herz-Kreislauf-System, die Augengesundheit und die Gehirnfunktion sei nicht bewiesen. Auch in dem Artikel “Kein Grund für Kapseln“ von Stiftung Warentest heißt es: „Ihr Nutzen ist nicht ausreichend belegt – weder fürs Herz noch für andere gesundheitliche Aspekte. Einen Grund, solche Mittel zu nehmen, gibt es nicht.“1 Ob das stimmt, wollen wir genau prüfen.
Was sind Omega-3-Fettsäuren?
Bestimmt hast Du schon mal gehört, dass es verschiedene Fette gibt, von denen manche als gesund und andere als weniger wertvoll gelten. Gesättigte Fettsäuren gelten als ungesund, da sie schwer verdaulich sind, den Stoffwechsel verlangsamen und den Cholesterinspiegel heben. Omega-3-Fettsäuren gehören zu den mehrfach ungesättigten Verbindungen, die unser Organismus benötigt, aber nicht selbst herstellen kann. Die bekanntesten essentiellen Fettsäuren sind DHA (Docosahexaensäure), EPA (Eicosapentaeansäure) und ALA (Alpha-Linolensäure). Zur Omega-Familie gehören außerdem die mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäuren sowie Omega-9-Fettsäuren, die einfach ungesättigt und nicht essentiell sind.
Worin sind Omega-3-Fettsäuren enthalten?
DHA und EPA kommen vorwiegend in fettreichem Meeresfisch wie Makrele, Sardine und Hering vor, pflanzliche Öle und Fette hingegen enthalten ALA. Im Unterschied zu den Omega-3-Fettsäuren sind Omega-6-Fettsäuren reichlich in unseren Nahrungsmitteln enthalten, z.B. in Speiseölen und minderwertigem Fleisch. Sie sind ebenfalls essentiell, jedoch kann eine zu hohe Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren Entzündungen im Körper begünstigen und dadurch zu gesundheitlichen Schäden führen.

Wozu braucht man Omega-3-Fettsäuren?
Als Baustein aller Zellmembranen, Energieträger und Ausgangssubstanz für wichtige Hormone sind Omega-3-Fettsäuren von fundamentaler Bedeutung für den menschlichen Stoffwechsel. Sie sorgen dafür, dass Zellwände und Arterien stabil und elastisch bleiben.
DHA ist ein Bestandteil von Nervenzellen im Gehirn und in der Netzhaut unserer Augen. EPA und DHA bilden Eicanoside, hormonähnliche Stoffe, die unter anderem entzündungshemmende Eigenschaften haben und die Blutgerinnung regulieren.
In den Health Claims (zulässige nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen) hat die Europäische Kommission festgelegt, dass Omega-3-Fettsäuren beitragen zu:
- Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut
- normaler Herzfunktion → positive Wirkung tritt bei täglicher Einnahme von 250 mg EPA/DHA ein
- Aufrechterhaltung von normalem Triglyceridspiegel im Blut
- Aufrechterhaltung von normalem Blutdruck
- Erhaltung einer normalen Gehirnfunktion
- Erhaltung normaler Sehkraft 2
Von einer schädlichen Wirkung kann bei richtig dosierten Omega-3-Fettsäuren also nicht die Rede sein. Wir möchten uns die Kritikpunkte aber nochmal im Einzelnen ansehen.
Reiner Fisch: Enthalten Omega-3-Kapseln Schadstoffe?
Es gibt Richtlinien mit Grenzwerten für die Schadstoffbelastung in Speisefischen. Regelmäßige Untersuchungen stellen sicher, dass diese Grenzwerte eingehalten werden. Außerdem kommen bei der Gewinnung von Fischöl umfangreiche Filtermethoden zum Einsatz. Dadurch werden die Grenzwerte für Schwermetalle, Pestizide, Mikroplastik, Keime und Krankheitserreger in Fischölkapseln weit unterschritten. Auch bei der Überprüfung durch Stiftung Warentest wurden in keinem der getesteten Produkte Schadstoffe gefunden. Die Verpackungsangaben über Menge und Qualität der Kapseln waren ebenfalls nicht zu beanstanden.
Herzensangelegenheit: Schützen Omega-3-Fettsäuren vor Infarkten?
Als dänische Forscher 1972 nach Grönland reisten, um die Essgewohnheiten der Inuit zu untersuchen, stellten sie fest, dass der häufige Verzehr von fettem Seefisch sowie Robben- und Walfleisch die Gerinnungsneigung des Blutes verringert. Daraus schlossen sie, dass Herz- und Hirninfarkte bei der Bevölkerung Grönlands vergleichsweise selten auftreten.
Obwohl die Bedeutung von Omega-3 für die Herzgesundheit an mancher Stelle bestritten wird, weisen aktuelle Untersuchungen wie die VITAL Studie nach, dass die regelmäßige Einnahme der Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA das allgemeine Risiko für Herzinfarkte um 28%, das Risiko für tödliche Herzinfarkte sogar um 50% senken kann! 3
Die Koronare Herzerkrankung wird durch Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) ausgelöst. Im Zuge der Einengung der Herzkranzgefäße kommt es zum Sauerstoffmangel in Teilen des Herzens. Das Risiko für diese Herz-Kreislauf-Erkrankung kann durch ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren um 17% gesenkt werden. „Für die klinische Praxis haben wir nun überzeugende Beweise für die kardiovasculären Vorteile von Omega-3-Fettsäuren“, heißt es im DeBakey Cardiovascular Journal. 3
Guck mal! Omega-3-Fettsäuren für gesunde Augen
Ein Drittel der älteren Menschen in Industrieländern haben Anzeichen von Augenkrankheiten mit Makula-Degeneration. Diese Erkrankung ist die Hauptursache für Erblindung im höheren Alter. Die ARED Studie mit 4519 Probanden ergab, dass dieser altersbedingten Krankheit durch die Aufnahme von Mikronährstoffen wie langkettigen Omega-3-Fettsäuren vorgebeugt werden kann. 4
Auch auf chronische Augentrockenheit hat DHA nachweislich positive Auswirkung. Umso mehr EPA und DHA der Tränenfilm enthält, desto geringer ist die Gefahr, an chronischer Augentrockenheit und Entzündungen an der Augenoberfläche zu leiden. Zu diesem Ergebnis kam 2016 eine Studie amerikanischer Forscher. 5
Darüber hinaus zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Omega-3-Fettsäuren das Absterben der Photorezeptoren in den Augen verhindern können. Grund dafür ist die antioxidative Wirkung von EPA und DHA. 6
Schau mal einer an.

Fast vergessen… Vorbeugung von Demenz
Mehr als 20% der über 85-Jährigen in Europa zeigen Symptome der Alzheimer-Krankheit, welche die Hauptursache für Demenz ist. Forscher gehen davon aus, dass die Belastung durch neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer in den kommenden Jahrzehnten drastisch zunehmen wird 7.
Wenn der DHA-Spiegel sinkt, verringern sich die kognitiven Fähigkeiten im Alter. Supplementierung mit Omega-3 kann diesen Rückgang verzögern und diesem vorbeugen. Diese Behandlungsmethode gilt als „sicher und gut verträglich“. 8
Verschiedene wissenschaftliche Artikel verweisen auf die Reduktion von Entzündungszuständen in Verbindung mit Alzheimer 8, 9, 10. Zu diesem Thema trifft ein 2020 publizierter Aufsatz die klare Feststellung: „DHA trägt bevorzugt zur Verbesserung des Gedächtnisses, der synaptischen Plastizität, des Lernens und zur Verringerung von Entzündungen bei.“ 10 Das sollte uns doch zu denken geben, oder nicht?

Ältere Menschen leiden oft darunter, dass ihre geistige Fitness abnimmt @shutterstock
Warum gibt es so unterschiedliche Empfehlungen zur Einnahme von Omega-3-Fettsäuren?
Über die Wirkungen von Omega-3-Fettsäuren scheint Verwirrung zu herrschen. Warum ist das so? Dr. med. Schmiedel weist auf die Fehler in einigen Anti-Omega-3-Studien hin: „In den meisten „negativen“ Studien wurden viel zu geringe Mengen eingesetzt oder die Dauer der Untersuchung war viel zu kurz oder es wurden zwar kleine positive Unterschiede gemessen, die Versuchspersonenzahl war aber zu gering, um diese Unterschiede dann auch statistisch signifikant werden zu lassen.“ 11, lautet sein vernichtendes Urteil.
Laut Stiftung Warentest liefert eine ausgewogene Ernährung ausreichend Omega-3-Fettsäuren und eine Supplementation ist überflüssig. „Die Kapseln bringen wenig. Omega-3-Fettsäuren aus der Nahrung sind aber wertvoll“ 1, wird in dem Artikel behauptet. Diese Aussage ist aus verschiedenen Gründen problematisch: Zum einen ist es oft nicht leicht, sich vollkommen ausgewogen zu ernähren. Das Aufstellen eines Ernährungsplans, das Besorgen hochwertiger Nahrungsmittel und die schonende Zubereitung erfordert Zeit, an der es vielen von uns leider mangelt. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Qualität gewöhnlicher Lebensmittel. Das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren in Fastfood und Lebensmitteln aus der Massenproduktion ist nicht zuträglich für unsere Gesundheit. Durch die nicht artgerechte Haltung haben Tiere heutzutage einen Mangel an Omega-3-Fettsäuren – auch das schlägt sich in unserer Nahrung nieder.
Der wichtigste Einwand, den wir gegenüber dem Artikel von Stiftung Warentest haben, ist, dass Fischölkapseln pauschal abgelehnt werden, ohne dass die Mittel an sich bemängelt werden. Dass schon ein Löffelchen Öl am Tag reiche, um den Bedarf an ungesättigten Fettsäuren zu decken, ist eine hochgradig undifferenzierte Betrachtungsweise. Wichtig ist die Balance von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Darauf gehen wir gleich nochmal ein.
Balanceakt: Wie sollte das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren sein?
Nach den vorliegenden Daten über die Versorgungssituation mit Fettsäuren in Deutschland ist die vor allem die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren bei Frauen und Männern in Deutschland nicht optimal 12, 13. Damit Du genau über ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren Bescheid weißt und Dein Fettsäurehaushalt nicht aus dem Gleichgewicht gerät, kannst Du hier die offiziellen Empfehlungen nachlesen.
Nach Angaben der WHO und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren 5:1 betragen 14, 15. Insgesamt sollten täglich nicht mehr als 80 g Fett verzehrt werden. Überwiegt der Anteil von Omega-6-Fettsäuren mit mehr als 5 Teilen, kann dies schädliche Auswirkungen haben. Laut DGE sollte man etwa 250 mg Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure pro Tag zu sich nehmen 16.
Gibt es Risikogruppen mit erhöhtem Bedarf an Omega-3-Fettsäuren?

Bei Fischölkapseln auf Nachhaltigkeit und Qualität achten! @shutterstock
Schwangeren und stillenden Frauen wird die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren empfohlen, da sie für die Entwicklung des Gehirns und der Sehfähigkeit des Babys notwendig sind. Auch dazu gibt es aktuelle Studien 17.
Die Zahl der Menschen, die sich für fleischlose Ernährung entscheiden, wächst stetig. Was ist bei diesem wichtigen Ernährungstrend zu beachten? Pflanzliche Lebensmittel enthalten als Omega-3-Fettsäure ausschließlich ALA (Linolensäure). ALA ist eine Vorstufe von EPA und DHA, wird aber vom Körper nur zum geringen Teil verwertet. Vegetarier, Veganer und Menschen, die der Überfischung der Ozeane entgegenwirken möchten, können auf Kapseln aus Algen-Öl zurückgreifen, denn aus den Algen nehmen Fische die wertvollen Fettsäuren auf. Hier erfährst Du noch mehr über vegane Ernährung und sinnvolle vegane Nahrungsergänzungsmittel.
Fazit: Wir sagen: Oh, Mega!
Warum Stiftung Warentest Omega-3-Kapseln rundweg ablehnt, können wir nach gründlicher Recherche nicht nachvollziehen. Wir sind in allen Punkten zu einem anderen Ergebnis gekommen. Natürlich bringt es nichts, Omega-3-Fettsäuren als Nahrungsergänzung einzunehmen, wenn man sich ungesund und ohnehin zu fettreich ernährt und sich zusätzlich noch zu wenig bewegt. Wenn man aber auf eine gesunde Lebensweise achtet, sind Supplemente für eine gute Bilanz von ungesättigten Fettsäuren eine willkommene Alternative, besonders wenn man keinen Fisch mag. Auch schwangere Frauen, Kinder, Leistungssportler und Personen, die bewusst auf Fisch verzichten, haben einen erhöhten Bedarf an Omega-3-Fettsäuren. Auf jeden Fall ist es wichtig, nur hochwertige Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Achte beim Kauf von Kapseln aus Fischölkonzentrat auf einen hohen Reinheitsgrad und nachhaltigen Fischfang!
Weiterführende Links
2 https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:136:0001:0040:DE:PDF
3 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6822654
4 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3738980
5 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4857833
6 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4755815
8 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6747747